Schiffe am Kai in Kiel

Fotos vom „Aida-Kussmund“ dürfen ins Internet gestellt werden

Grundsätzlich kann der Urheber eines Werks bestimmen, wie es verwertet wird – allerdings nicht schrankenlos. Eine Urheberrechtsverletzung kann ausgeschlossen sein, wenn eine der gesetzlichen Schrankenregelungen eingreift.

Die sogenannte Panoramafreiheit ist eine der bekannteren Schranken des Urheberrechts. Der Gesetzgeber wollte zulassen, dass es

„zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.“

So steht es in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG.

Es geht also hauptsächlich um Fotografien „auf offener Straße“, denen etwa bestehende Urheberrechte von Architekten und Urhebern von Kunst im öffentlichen Raum nicht entgegenstehen sollen.

Gerade unter Fotografen und in der Netz-Gemeinschaft ist diese Regelung immer wieder diskutiert worden, sei es deswegen, weil sie manchen nicht weit genug ging, oder weil man ihren Bestand gefährdet sah. Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich schon oft mit dieser Regelung befasst, wie zum Beispiel in den Entscheidungen „Hundertwasserhaus“, „Berliner Reichstag“ und im Januar 2017 „East Side Gallery“.

Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat nun die Panoramafreiheit gestärkt. Der BGH hielt es für zulässig, dass auch ein Werk, das an einem Kreuzfahrtschiff angebracht ist, sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen im Sinne der Panoramafreiheit befindet. Ein Werk müsse nicht ortsfest sein, sondern kann sich auch nacheinander an verschiedenen öffentlichen Orten befinden. Die Sicht der Allgemeinheit entscheide, ob das Werk dazu bestimmt ist, sich bleibend an solchen Orten zu befinden.

In der Pressemeldung des Bundesgerichtshofs Nr. 056/2017 vom 27.04.2017 heißt es dazu:

Die Panoramafreiheit erfasst daher beispielsweise Werke an Fahrzeugen, die bestimmungsgemäß im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden. Dabei kann es sich etwa um Werbung auf Omnibussen oder Straßenbahnen handeln, die den Anforderungen an Werke der angewandten Kunst genügt. Das Fotografieren und Filmen im öffentlichen Raum würde zu weitgehend eingeschränkt, wenn die Aufnahme solcher Fahrzeuge urheberrechtliche Ansprüche auslösen könnte. Künstler, die Werke für einen solchen Verwendungszweck schaffen, müssen es daher hinnehmen, dass ihre Werke an diesen öffentlichen Orten ohne ihre Einwilligung fotografiert oder gefilmt werden.

Auch bei Schiffen wie den schwimmenden AIDA-Hotels trifft dies nach Ansicht des BGH zu. Diese seien dazu bestimmt, für längere Dauer auf dem Meer und in Häfen eingesetzt zu werden. Sie können dort von öffentlich zugänglichen Orten auf dem Festland aus gesehen werden; es kommt dabei nicht darauf an, dass sich das Kunstwerk mit dem Schiff fortbewegt und zeitweise an nicht öffentlichen Orten befindlich ist, wie in der Werft.

Die Entscheidung verdient Zustimmung. Die Lücke im Gesetz ist offensichtlich, aber erst durch das Vordringen der Kunst in die Werbung aufgefallen. Zwar gab es auch bei der Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes 1965 schon fahrbare Werbung, aber wahrscheinlich hat das damals noch niemand als Kunst im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gesehen. Oder es gab mangels Internet einfach keinen Streit …


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